Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Bernoulli-Experimenten

Der Binomialkoeffizient

(nk)=n!k!(nk)! \binom{n}{k}=\frac{n!}{k!\cdot(n-k)!}

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei einer Bernoulli-Kette der Länge n mit der Treffer-Wahrscheinlichkeit p genau k Treffer vorkommen, ist Bn;p(k)=(nk)pk(1p)nk B_{n;p}(k)=\binom{n}{k} \cdot p^k \cdot (1-p)^{n-k}

Wahrscheinlichkeitsverteilung

Die Funktion, deren Zuordnungsvorschrift einer Bernoulli-Kette der Länge n jeder Trefferzahl k die zugehörige Wahrscheinlichkeit zuweist, heißt Wahrscheinlichkeitsverteilung bzw. hier speziell Binomialverteilung.

Für n=5 und p=25 \frac{2}{5} sieht die Verteilung beispielsweise so aus:

k B5;25(k)B_{5;\frac{2}{5}}(k)

0

0.07776 0.07776

1

0.2592 0.2592

2

0.3456 0.3456

3

0.2304 0.2304

4

0.0768 0.0768

5

0.01024 0.01024

Der gewichtete Mittelwert, der im Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeitsrechnung als Erwartungswert μ\mu bezeichnet wird, ist hier

μ=0B5;25(0)+1B5;25(1)+2B5;25(2)+3B5;25(3)+4B5;25(4)+5B5;25(5) \mu= 0\cdot B_{5;\frac{2}{5}}(0) +1\cdot B_{5;\frac{2}{5}}(1)+2\cdot B_{5;\frac{2}{5}}(2)+3\cdot B_{5;\frac{2}{5}}(3)+4\cdot B_{5;\frac{2}{5}}(4)+5\cdot B_{5;\frac{2}{5}}(5) oder kurz geschrieben: μ=k=05kB5;25(k) \mu= \sum_{k=0}^5 k \cdot B_{5;\frac{2}{5}}(k)

μ=k=05kB5;25(k)=2 \mu= \sum_{k=0}^5 k \cdot B_{5;\frac{2}{5}}(k)=2

Erwartungswert einer Bn;pB_{n;p}-verteilten Zufallsvariable: μ=np \mu=n\cdot p

Beweis der Formel μ=np\mu=n \cdot p

Allgemein ist der Erwartungswert einer Zufallsvariable XX definiert als μ=k=0nxkP(X=xk) \mu=\sum_{k=0}^{n} x_k \cdot P(X=x_k)

xkx_k ist dabei der k-te von n Werten, den die Zufallsvariable XX annehmen kann. In unserem Fall ist xk=kx_k=k, da die Zufallsvariable für die Anzahl der Treffer steht und somit die Werte von 0 bis n annehmen kann.

Somit gilt für eine Bn;pB_{n;p}-verteilte Zufallsvariable XX: μ=k=0nkP(X=k)=k=0nk(nk)pk(1p)nk \mu=\sum_{k=0}^{n} k \cdot P(X=k)= \sum_{k=0}^{n} k \cdot \binom{n}{k} \cdot p^k \cdot (1-p)^{n-k}

Ausschreiben des Binomialkoeffizienten ergibt k=0nkn!k!(nk)!pk(1p)nk \sum_{k=0}^{n} k \cdot \frac{n!}{k!\cdot (n-k)!} \cdot p^k \cdot (1-p)^{n-k}

Der erste Summand kann weggelassen werden, da er für k=0k=0 zu 00 wird: k=1nkn!k!(nk)!pk(1p)nk \sum_{k=1}^{n} k \cdot \frac{n!}{k!\cdot (n-k)!} \cdot p^k \cdot (1-p)^{n-k}

Das vordere kk kann mit der Fakultät k!k! im Nenner gekürzt werden: k=1nn!(k1)!(nk)!pk(1p)nk \sum_{k=1}^{n} \frac{n!}{(k-1)!\cdot (n-k)!} \cdot p^k \cdot (1-p)^{n-k}

Der letzte Summand der Summe (der Summand mit k=nk=n), wird vor die Summe gezogen, also der Summand n!(n1)!0!pn(1p)0=npn \frac{n!}{(n-1)!\cdot 0!} \cdot p^n \cdot (1-p)^0 = n \cdot p^n (Beachte: 0!=10!=1 und (1p)0=1(1-p)^0=1).

Damit läuft kk nur noch von 11 bis n1n-1 und es verbleibt insgesamt: npn+k=1n1n!(k1)!(nk)!pk(1p)nk n \cdot p^n + \sum_{k=1}^{n-1} \frac{n!}{(k-1)!\cdot (n-k)!} \cdot p^k \cdot (1-p)^{n-k}

Nun kann man aus dem ganzen Ausdruck npn\cdot p ausklammern: np(pn1+k=1n1(n1)!(k1)!(nk)!pk1(1p)nk) n\cdot p \cdot \Big(p^{n-1}+\sum_{k=1}^{n-1} \frac{(n-1)!}{(k-1)!\cdot (n-k)!} \cdot p^{k-1} \cdot (1-p)^{n-k} \Big)

In der Summe lassen wir das kk nun statt von 11 bis n1n-1 von 00 bis n2n-2 laufen. Damit der Ausdruck sich nicht ändert, muss jedes kk durch k+1k+1 ersetzt werden:

np(pn1+k=0n2(n1)!((k+1)1)!(n(k+1))!p(k+1)1(1p)n(k+1)) n\cdot p \cdot \Big(p^{n-1}+\sum_{k=0}^{n-2} \frac{(n-1)!}{((k+1)-1)!\cdot (n-(k+1))!} \cdot p^{(k+1)-1} \cdot (1-p)^{n-(k+1)} \Big)

Ohne Klammern geschrieben verbleibt: np(pn1+k=0n2(n1)!k!(nk1)!pk(1p)nk1) n\cdot p \cdot \Big(p^{n-1}+\sum_{k=0}^{n-2} \frac{(n-1)!}{k!\cdot (n-k-1)!} \cdot p^{k} \cdot (1-p)^{n-k-1} \Big)

Nun ziehen wir den Summand pn1p^{n-1} wieder in die Summe hinein: np(k=0n1(n1)!k!(nk1)!pk(1p)nk1) n\cdot p \cdot \Big(\sum_{k=0}^{n-1} \frac{(n-1)!}{k!\cdot (n-k-1)!} \cdot p^{k} \cdot (1-p)^{n-k-1} \Big)

Überprüfung: Der Summand für k=n1k=n-1 ist (n1)!(n1)!(n(n1)1)!pn1(1p)n(n1)1= \frac{(n-1)!}{(n-1)!\cdot (n-(n-1)-1)!} \cdot p^{n-1} \cdot (1-p)^{n-(n-1)-1}= 110!pn1(1p)0=pn1, \frac{1}{1\cdot 0!} \cdot p^{n-1} \cdot (1-p)^{0}=p^{n-1}, also tatsächlich der Summand, der soeben in die Summe gezogen wurde.

Der Ausdruck (n1)!k!(nk1)! \frac{(n-1)!}{k!\cdot (n-k-1)!} entspricht dem Binomialkoeffizient (n1k)\binom{n-1}{k}, also wird aus

np(k=0n1(n1)!k!(nk1)!pk(1p)nk1) n\cdot p \cdot \Big(\sum_{k=0}^{n-1} \frac{(n-1)!}{k!\cdot (n-k-1)!} \cdot p^{k} \cdot (1-p)^{n-k-1} \Big) der Ausdruck np(k=0n1(n1k)pk(1p)nk1) n\cdot p \cdot \Big(\sum_{k=0}^{n-1} \binom{n-1}{k} \cdot p^{k} \cdot (1-p)^{n-k-1} \Big)

In np(k=0n1(n1k)pk(1p)nk1) n\cdot p \cdot \Big(\sum_{k=0}^{n-1} \binom{n-1}{k} \cdot p^{k} \cdot (1-p)^{n-k-1} \Big) entspricht die Summe der Summe aller Wahrscheinlichkeiten einer Bn1;pB_{n-1;p}-verteilten Zufallsvariable und ist somit 11.

Also verbleibt für den Erwartungswert E(X)=μ=npE(X)=\mu=n\cdot p.

Beispielaufgabe zur Binomialverteilung

Ein Glücksrad, bei dem die Trefferwahrscheinlichkeit 15% beträgt, wird 20 Mal gedreht.

  1. Berechne den Erwartungswert.

  2. Bestimme die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Spieler genau 3 Mal gewinnt.

  3. Bestimme die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Spieler höchstens 10 Mal gewinnt.

  4. Bestimme die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Spieler mindestens 4 Mal gewinnt.

Lösung:

Die Zufallsvariable X sei die Anzahl der Treffer und ist B20;320B_{20;\frac{3}{20}}-verteilt.

  1. μ=np=20320=3\mu=n\cdot p=20\cdot \frac{3}{20}= 3

  2. P(X=3)=B20;320(3)=0.2428288961492419P(X=3)=B_{20;\frac{3}{20}}(3)=0.2428288961492419

  3. P(X10)=k=010B20;320(k)=0.9999613672517918P(X\le 10)=\sum_{k=0}^{10} B_{20;\frac{3}{20}}(k)=0.9999613672517918

  4. P(X4)=1P(X3)=1k=03B20;320(k)=0.35227482584329694P(X\ge4)=1-P(X\le3)=1-\sum_{k=0}^{3} B_{20;\frac{3}{20}}(k)= 0.35227482584329694

Standardabweichung

Die Extremstelle der Glockenkurve liegt bei μ\mu, die Wendestellen bei μ±σ\mu\pm \sigma. Dieses σ\sigma heißt Standardabweichung und hat für eine Binomialverteilung den Wert σ=np(1p) \sigma=\sqrt{n\cdot p \cdot (1-p)}

In unserem Beispiel mit n=5n=5 und p=25p=\frac{2}{5} beträgt sie beispielsweise σ=525(125)=1.0954451150103321 \sigma=\sqrt{5\cdot \frac{2}{5} \cdot (1-\frac{2}{5})}= 1.0954451150103321 Somit liegen die Wendestellen ungefähr bei 2+1.1=3.1 2+1.1=3.1 und 21.1=0.9 2-1.1=0.9

Die Extremstelle liegt bei 525=25\cdot \frac{2}{5}=2.

μ=2\mu=2

μσ=0.9\mu-\sigma=0.9

μ+σ=3.1\mu+\sigma=3.1

Intervall Wahrscheinlichkeit Fläche im Diagramm

[μσ;μ+σ][\mu-\sigma ; \mu+\sigma]

68,3%

[μ2σ;μ+2σ][\mu-2\sigma;\mu+2\sigma]

95,4%

[μ3σ;μ+3σ][\mu-3\sigma;\mu+3\sigma]

99,7%